Zusammenfassung
Einleitung: Odontogene Infektionsherde können über die lokal korrespondierenden anatomischen Strukturen hinaus durch hämatogene Ausbreitung verschiedene lokale oder generalisierte Infektionen verursachen. Hierbei werden intrakranielle Abszesse am häufigsten beschrieben. Nur wenige Fälle einer extrakraniellen Manifestation von oralen Infektionen werden in der Literatur beschrieben.
Fallbeschreibung: Ein 52-jähriger kaukasischer Patient wurde in unserer Klinik mit schwerer Sepsis bei submandibulärem Abszess vorgestellt. Sowohl in der Blutkultur als auch im Erregerabstrich während der chirurgischen Abszessinzision ließ sich
Eggerthia catenaformis nachweisen, ein Gram-positives anaerobes Stäbchenbakterium, welches dafür bekannt ist, gelegentlich dentogene Abszesse und Bakteriämien zu verursachen. Der Patient entwickelte im weiteren Verlauf einen perihepatischen Abszess mit Kolonperforation, was mehrere chirurgische Interventionen und intravenöse Antibiotikatherapie notwendig machte. Die gesamte stationäre Verweildauer betrug 66 Tage. Fünf Monate nach Entlassung stellte sich der Patient mit Actinomyces-assoziierter Unterkieferosteomyelitis links vor, die ebenfalls chirurgisch therapiert wurde. Drei Jahre nach diesem Eingriff zeigt sich der Patient beschwerdefrei ohne Anhalt auf ein erneutes Auftreten.
Diskussion: Insbesondere Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen sollten den Pathomechanismus von lokalisierten oder generalisierten Infektionen verstehen, da die häufig verursachenden odontogenen Foci nicht immer mit akuter Symptomatik vergesellschaftet sind. Sollte kein anderer wahrscheinlicher Infektfocus gefunden werden, muss jeder potentielle odontogene Fokus saniert werden. Anhand welcher Kriterien und in welchem Umfang diese Sanierung stattzufinden hat, sollte in weiterführenden Studien untersucht werden.