Im Zuge der Privatisierung des Wohnungswesens in Russland werden die Wohnungen den gegenwärtigen Bewohnern auf Antrag kostenlos als Privateigentum übertragen. Damit verfolgt der Staat zwei Ziele: einerseits will er damit die Unterstützung der Bevölkerung für sein Reformprogramm gewinnen, andererseits will er rasch die mit der staatliche Wohnungsversorgung verbundenen hohen Kosten auf die Bewohner abwälzen. Verlauf und Konsequenzen dieses Privatisierungsprogramms werden am Beispiel der Stadt St. Petersburg untersucht. Die Zahl der Anträge auf Übertragung der Wohnung ins Privateigentum stieg dort zunächst steil an, ging jedoch seit 1993 wieder zurück. Kaum die Hälfte der Wohnungen ist bisher aus staatlichem Eigentum herausgelöst worden. Die Gründe für diesen Verlauf liegen in geringen materiellen Anreizen, so lange das Wohnen zur Miete mit lebenslangem Wohnrecht und niedrigen Kosten verbunden ist. Außerdem besteht eine anhaltende Rechtsunsicherheit für die private Eigentumsbildung. Eine Besonderheit in St. Petersburg stellen die Zwangswohngemeinschaften (Kommunalkas) dar, die nach der Revolution in die großen innerstädtischen Wohnungen aus der Zarenzeit einquartiert worden waren. Die marktwirtschaftlichen Steuerungsmechanismen, denen die Wohnungsverteilung immer mehr unterworfen ist, führt zu einer Rücknahme der revolutionären Veränderungen in der sozialräumlichen Struktur der russischen Städte.