Die Annahme der Öffentlichkeit und damit der Beobachtbarkeit sozialer Praktiken ist ein Grundprinzip praxistheoretischer Ansätze. Sie bestimmt einerseits die praxeologische Kritik am Subjektivismus sowie an hypothetischen Strukturannahmen. Andererseits dient ein bestimmtes Verständnis dieser Annahme dazu, der Praxeologie eine beschränkte analytische Reichweite vorzuhalten. Der Beitrag setzt hier an, indem er die strittige und in der Debatte vorwiegend implizite Grundannahme der Öffentlichkeit sozialer Praktiken in mehreren Schritten expliziert. Es wird eine Konzeption der Öffentlichkeit sozialer Praktiken skizziert, die sich von präsentistischen Missverständnissen abgrenzt und Sozialität als Verkettung von Praktiken auch über Raum und Zeit hinweg begreift. Dies wird mit Bezug auf Arbeiten von Schatzki, Wittgenstein, Giddens und Latour herausgestellt. Besondere Bedeutung kommt hier den Trägerschaften von Praktiken (Artefakte, Symbole, Medien, Körper) und den durch sie gestifteten translokalen Strukturierungen zu. Im Anschluss werden dieser Öffentlichkeitsannahme entsprechende methodologische Überlegungen zu einer multiperspektivischen Beobachtung angestellt und am Beispiel von Bourdieus Studie „Die feinen Unterschiede“ erläutert.