In Anlehnung an die klassische Arbeit von Boudon (1974) gibt es zwei Ursachenkomplexe für soziale Bildungsungleichheit: primäre Effekte, die sich im Zusammenhang von sozialer Herkunft und Schulleistungen ausdrücken, und sekundäre Effekte, die schichtspezifische Übergangsneigungen widerspiegeln, selbst bei gleichen schulischen Leistungen. Die Abschätzung der relativen Bedeutung von primären und sekundären Effekten ist das Ziel einer wachsenden Anzahl internationaler Beiträge. Die vorliegende Untersuchung möchte hierzu einen Beitrag leisten, indem sie erstens die relative Bedeutung der Effekte am Übergang auf das Gymnasium in Deutschland abschätzt und zweitens untersucht, inwieweit die bundeslandspezifische Ausgestaltung der Grundschulempfehlung die relative Bedeutung von primären zu sekundären Effekten beeinflusst. Mit bundesweiten Längsschnittdaten des DJI Kinderpanels der Jahre 2002 bis 2005 lassen sich primäre und sekundäre Effekte durch eine neue kontrafaktische Dekompositionsanalyse zerlegen. Es wird gezeigt, dass sekundäre Effekte 59 Prozent der Bildungsungleichheit am Übergang auf das Gymnasium ausmachen. Besonders bedeutsam sind sie bei Kindern im mittleren Notenbereich. Weiterhin finden sich Hinweise, dass der relative Erklärungsbeitrag von sekundären Effekten größer ist, wenn Eltern frei entscheiden können und geringer, wenn die elterliche Wahlfreiheit durch eine verbindliche Grundschulempfehlung eingeschränkt wird. Theoretische und bildungspolitische Konsequenzen werden diskutiert.