Der Beitrag stellt das Konzept der „lokalen Gerechtigkeit“ vor, das einer Reihe von Forschungsprojekten in verschiedenen Ländern als gemeinsamer konzeptueller Bezugsrahmen für die Analyse von Allokationsregeln dient, die in intermediären Institutionen bei der Verteilung begehrter Güter oder notwendiger Lasten zur Anwendung kommen. Es wird gezeigt, daß dieses Konzept geeignet ist, der Soziologie eine eigenständige Perspektive auf Gerechtigkeitsfragen zu eröffnen und sie zugleich vor den komplementären Defiziten des Empirismus und des Normativismus zu bewahren. Nach einer begrifflichen Klärung der Semantik von lokaler (im Unterschied zu globaler) Gerechtigkeit und der Benennung einiger zentraler Problemfelder derselben, sowie nach einer knappen Erörterung des Verhältnisses von sozialphilosophischer und empirischer Gerechtigkeitsforschung, werden drei Dimensionen soziologischer Gerechtigkeitsanalyse aufgezeigt, in denen sich lohnende Forschungsperspektiven ergeben.