Dieser Aufsatz behandelt die Problematik der Empfängerauswahl für medizinische Güter und Dienstleistungen, die nicht in bedarfsdeckender Menge zur Verfügung stehen. Er verwendet dafür den aus der Kriegs-und Katastrophenmedizin bekannten Begriff der Triage, der eine für die Medizin ebenso beunruhigende wie seltene Notwendigkeit beschreibt: die Notwendigkeit, unter Bedingungen temporärer Ressourcenknappheit einen Teil der Kranken von der medizinischen Versorgung auszuschließen. Unter Bezugnahme auf aktuelle Diskussionen über eine drohende Rationierung im Gesundheitswesen wird die These vertreten, daß diese Notwendigkeit, die bislang als ein auf extreme Ausnahmesituationen beschränktes Randphänomen galt, in Zukunft vermehrt zu einem Bestandteil des medizinischen „Normalbetriebs“ werden dürfte. Wie damit in der Praxis umgegangen wird, wird am Beispiel dreier Versorgungsbereiche, in denen das Problem sich schon heute verbreitet stellt, illustriert.