Der Artikel beschäftigt sich mit Einstellungen zu einem gerechten Steuersystem und der wahrgenommenen Gerechtigkeit der eigenen Steuerlast. Ausgehend von der These, dass Fragen der Gerechtigkeit für die Steuermoral entscheidend sind, wird auf der Grundlage einer postalischen Befragung nach den Kriterien gefragt, nach denen Menschen ein gerechtes Lohn- und Einkommensteuersystem beurteilen. Die Untersuchung stützt sich auf Itemfragen und eine Vignetten-Befragung. Dadurch kann genauer gezeigt werden, wie die Befragten unterschiedliche Prinzipien kombinieren und gewichten. Es zeigt sich, dass die geltenden Prinzipien des derzeitigen Steuersystems weitgehend als legitim angesehen werden. In einem zweiten Schritt werden zwei Erklärungsmodelle zur Gerechtigkeitsbewertung der eigenen Steuerlast gegenübergestellt. Während das erste Modell Steuern als Austausch von Beitrag gegen Leistung konzipiert, versteht das zweite Modell Steuern als Beiträge zur Produktion kollektiver Güter und sieht die Beitragsbereitschaft als abhängig von eigenen Ressourcenausstattungen und dem Vergleich mit der Steuerlast anderer Steuerzahler. Nach dem zweiten Modell sind die besser gestellten Gruppen durchaus bereit, höhere Steuerbeiträge zu leisten. Die Ergebnisse zeigen, dass es weniger die Bewertung der staatlich bereitgestellten Leistungen in Relation zur eigenen Steuerlast ist, welche die Wahrnehmung einer gerechten Steuerlast beeinflusst, sondern eher die Zufriedenheit mit der eigenen Einkommenssituation und das Verhältnis der eigenen Steuerlast im Vergleich zu anderen. Dementsprechend sind es eben nicht die oberen Einkommensgruppen, die ihre Steuersituation als besonders ungerecht beurteilen. Da die verwendeten Umfragedaten einer regional begrenzten postalischen Befragung entstammen, können die Ergebnisse lediglich als Hinweise auf die in der Bevölkerung bestehenden Einstellungen zur Gerechtigkeit des Steuersystems interpretiert werden.