In den letzten Jahren ist immer stärker von einer Krise des regulatorischen Rechts die Rede. Als Antwort darauf hat sich der Ansatz des „reflexiven Rechts“, so wie ihn Teubner/Willke formuliert haben, in relativ kurzer Zeit eine beträchtliche Publizität erobert. Im vorliegenden Aufsatz soll gezeigt werden, daß der Ansatz von Teubner/Willke im Kern die reale Entwicklung verfehlt, sie zum Teil sogar in ihr Gegenteil verkehrt. Denn gerade im Bereich der Tarifautonomie, der für ihre Beweisführung bislang am aussagekräftigsten war und dementsprechend auch eine zentrale Rolle in ihrer Argumentation spielt, zeichnet sich eine Entwicklung ab, die der von ihnen prognostizierten exakt entgegenläuft. Durch die mit dem MTV 1984 in der Metallindustrie eingetretene Verlagerung tariflicher Funktionen auf die betriebliche Ebene werden Formen „indirekter Kontextsteuerung“, d. h. reflexiven Rechts, nämlich durch materiale Rechtsetzung qua Einigungsstellenspruch und Arbeitsgerichtsurteil verdrängt. Materiales Recht ist also auf dem Vormarsch und nicht auf dem Rückzug.