Der Aufsatz beschäftigt sich mit den Begriffen, Konzepten und Darstellungen der ökonomischen Reform in der Tschechoslowakei unmittelbar vor und nach dem Ende der zentralen Planwirtschaft 1989/90. Wie wurde das Konzept eines schnellen Übergangs zur liberalen Marktordnung vermittelt – zum einen in der akademischen Sphäre, zum anderen in der größeren Öffentlichkeit? Wie kam es, dass dieses Konzept breite Unterstützung erhielt? Im ersten Teil geht die Studie der akademischen »Perestroika«-Diskussion in der Tschechoslowakei der späten 1980er-Jahre nach, wo das Konzept einer raschen liberalen Transformation Fuß fasste, vermittelt von einer kohärenten Gruppe jüngerer Wissenschaftler. Besonders geprägt waren sie von Paul A. Samuelsons vielfach aufgelegtem Lehrbuch »Economics«, das die Wirtschaftswissenschaften als eine Art Naturwissenschaft mit universellen Standards präsentierte. Nach 1989/90, als einige dieser Ökonomen Positionen in der neuen tschechoslowakischen Regierung übernahmen, erweiterte sich die zunächst allein auf die Wirtschaft bezogene Argumentation, indem sie bestimmte Interpretationen der nationalen Vergangenheit mit einbezog. So entstand eine Mischung von ökonomischem Wissen und historischen Narrativen, die die stattfindende Transformation als den einzig möglichen Weg zu legitimieren half.