"Erlernt 1st eine Bewegung, wenn der Leib sie verstanden hat, d.h. wenn er sie seiner 'Welt' einverleibt hat, und seinen Leib bewegen heiBt immer, durch ihn hindurch auf die Dinge abzielen, ihn einer Aufforderung entsprechen lassen, die an ihn ohne den Umweg uber irgendeine Vorstellung ergeht." Mit anderen Worten, es ist nie "unser objektiver Korper, den wir bewegen, sondern stets unser phanomenaler Leib" (Merleau-Ponty 1966). Wenn auf die Problematik des Erlernens von Bewegungen eingegangen werden soil, ist es daher unerlaBlich, ein kinasthetisches BewuBtseinserlebnis im Sinne E. Husserls als Betrachtungsgegenstand zu setzen. Aufbauend auf die phanomenologische Methodologie von E. Husserl hat A. Kaneko dazu ein theoretisches Modell aufgestellt, mit dem die Entwicklung der kinasthetischen Vermoglichkeiten im Bewegungserlebnis beschrieben werden kann. A. Kaneko unterscheidet funf Phasen der Bewegungsformung: 1. Phase der horizontale Intentionalitat, 2. Phase der Suche, 3. Phase des zufalligen Zustandekommens, 4. Phase der Schematisierung, 5. Phase der Beherrschung (Kaneko, 2002). In der vorliegende Forschungsarbeit soil nun ein neues Verfahren zur Identifizierung der jeweiligen Phase bei der Bewegungsformung vorgestellt werden. Dazu wurden die Lernprozesse von drei Anfangern beobachtet, wie sie den Handstanduberschlag ruckwarts am Boden lernten. Es wurde ein spezifischer Fragebogen ausgearbeitet, um die kinasthetischen Vermoglichkeiten nach Kaneko (2002) zu identifizieren. Der Fragebogen wurde auBerdem fur die Unterrichtspraxis verwendet. Es konnten so die Phasen der Bewegungsformung, wie die drei Lernenden sie durchliefen, eindeutig beobachtet, belegt und identifiziert werden. Den Lernenden konnten ferner die fehlenden kinasthetischen Vermoglichkeiten als konkretes Lernziel vorgezeigt werden. In einer spateren Arbeit soil unser Fragebogen erweitert werden, so daB die Entstehung von neuen kinasthetischen Vermoglichkeiten auch in der Phase der Beherrschung erfaBt werden kann.