摘要:Hintergrund und Ziel Berichte über Fischrückgänge bzw. Fischpopulationen mit ungewöhnlicher Populationszusammensetzung in zahlreichen Flusssystemen in Europa und Nordamerika stehen in scharfem Kontrast zu Analysen der Gewässergüte, die für die letzten Jahre eindeutig eine Verbesserung belegen. Als ehemals recht stark kontaminierter Fluss in Süddeutschland erfuhr auch der Neckar über viele Jahre eine kontinuierliche, deutliche Verbesserung seines ökologischen Zustands. Dennoch sind gerade am Unteren Neckar Defizite in den Fischbeständen zu beobachten, die mit konventionellen chemisch-analytischen, hydromorphologischen und limnologischen Methoden nicht erklärt werden können. Aus diesem Grund wurden über einen Zeitraum von mehreren Jahren ökotoxikologische Untersuchungen am Unteren Neckar durchgeführt, die sich zunehmend auf Schwebstoffe und Sedimente als Reservoire für Schadstoffe konzentrierten. Parallel zu direkten Untersuchungen zur Toxizität der Sedimente wurden Fische aus dem Unteren Neckar wiederholt hinsichtlich spezifischer Endpunkte wie Gentoxizität, mutagener Veränderungen sowie histo- und cytopathologischer Veränderungen in zentralen Monitororganen untersucht, um Hinweise auf Mechanismen zu finden, die den Defiziten in der Zusammensetzung der Fischpopulationen zugrunde liegen könnten. Material und Methoden Rotaugen (Rutilus rutilus) und Gründlinge (Gobio gobio) aus dem Unteren Neckar wurden hinsichtlich histo- und cytopathologischer Veränderungen in der Leber sowie der Induktion gentoxischer Effekte in Leber-, Darm-, Kiemen- und Blutzellen mit Hilfe von Comet- und Mikrokern-Assay untersucht. Parallel wurden Sedimente aus Aue-ähnlichen Randbereichen am Unteren Neckar in nativem Zustand sowie nach acetonischer Extraktion auf teratogene Wirkungen im Fischembryotest mit dem Zebrabärbling (Danio rerio) geprüft. Als Ergänzung wurden die Sedimente schließlich hinsichtlich ihrer (cyto-)toxischen Wirkung auf permanente Fischzelllinien untersucht. Ergebnisse Massive Störungen der Ultrastruktur der Leber zeigen eine starke Stresssituation der Fische im Unteren Neckar (trotz guter Nährstoffversorgung) an. Sowohl Cyto- als auch Fischembryotoxizitätstests dokumentieren eine erhebliche Toxizität der Sedimente vom Unteren Neckar, und die Befunde von Comet- und Mikrokernassay belegen nicht nur ein deutliches gentoxisches Belastungspotenzial der Sedimente, sondern auch direkte gentoxische Wirkungen in Fischen. Ein Rückgang der gentoxischen Effekte in Fischen seit dem Jahr 1998 konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Diskussion Cytopathologie, allgemeine Cyto- und Embryotoxizität, Teratogenität und Gentoxizität im Unteren Neckar ergänzen sich zu einem Syndrom, das bei der Interpretation von Artenfehlbeträgen in der Zusammensetzung der Fischfauna zu berücksichtigen ist. Im Vergleich mit Weight-of-Evidence-Studien an anderen größeren süddeutschen Fließgewässern zeigt der Neckar ein relativ hohes embryotoxisches, aber ein nur moderates gentoxisches Schädigungspotenzial. Schlussfolgerungen Die Sedimente am Unteren Neckar weisen ein erhebliches ökotoxikologisches Schädigungspotenzial auf, das sich im Zustand der nativen Fischpopulationen widerspiegelt. Ein Beitrag einer Belastung durch chemische Stoffe zum Phänomen „Fischrückgang“ in Fließgewässern ist nicht auszuschließen. Empfehlungen und Perspektiven Die in den letzten Jahrzehnten erreichte Verbesserung des ökologischen Zustands von Gewässern darf nicht als Argument für ein Aussetzen regelmäßiger biologischer Untersuchungen herangezogen werden. Fortgesetzte Umweltbeobachtung und kontinuierliches Monitoring sind weiterhin unabdingbar. Für eine angemessene Bewertung subletaler und/oder spezifischer biologischer Effekte in Organismen ist deren Populationsrelevanz zu klären. Zur Identifikation der chemischen Grundlage für die beobachteten biologischen Wirkungen bieten sich integrierte Ansätze wie etwa Effekt-dirigierte Analyse an.
关键词:Comet-Assay ; Cytopathology ; Cytotoxicity ; Fish decline ; Fish embryo test ; Genotoxicity ; Micronucleus test ; Teratogenicity ; Weight-of-evidence