摘要:In kartographischer Fachliteratur vergangener Jahre sind regelmäßig Stimmen zu vernehmen, die neue Paradigmen für die Kartographie reklamieren oder bereits erfolgte Paradigmenwechsel verkünden. Vorliegender Artikel versucht, diese heterogenen Formulierungen kartographischer Paradigmen im Lichte der originären Konzeption dieses Begriffes von Thomas Kuhn zu diskutieren und als Unzufriedenheit mit dem Problemlösungspotenzial aktueller Kartographie zu interpretieren, die mit Kuhn auch als Krise bezeichnet werden kann. Belege für eine solche Krise lassen sich sowohl fachintern am Beispiel von Mehrdeutigkeiten kartographischer Schlüsselbegriffe argumentieren, als auch außerhalb der wissenschaftlichen Kartographie, wo sich eine Reihe jüngerer Disziplinen mit Fragen beschäftigt, die sich mit den traditionellen, explizit kartographischen Kompetenzansprüchen zumindest teilweise überlagern. Als ein Hauptgrund der vermuteten Krise wird eine theoretische Vernachlässigung zugunsten einer beschleunigten technologischen Entwicklung vertreten, die im Spannungsverhältnis zum wissenschaftlichen Selbstverständnis des Faches liegt, das sich als ideale Vermittlerin zwischen Realität und Nutzer/innen konzipiert. Dieses Spannungsverhältnis soll im Fortschritt des Artikels auf unterschiedlichen Ebenen und unter verschiedenen Aspekten expliziter und impliziter Kartographie entwickelt und schließlich in Form eines semiotischen Dreiecksmodells strukturiert werden, das einen Lösungsrahmen für die im Laufe des Textes aufgeworfenen Fragen bieten mag. ___________ During the last years, various new paradigms for cartography have been proposed in the subject's scholarly literature. This article discusses the heterogeneous formulations of these cartographic paradigms in the light of the original conception of the term paradigm by Thomas Kuhn. In accordance with Kuhn, the call for a new paradigm of cartography shall be interpreted as an expression of dissatisfaction about the discipline's current capabilities to solve subject-relevant problems. In terms of Kuhn, we can call this situation a crisis. Evidence for a crisis can be found, on the one hand, in scientific literature of cartography – e.g. by means of ambiguities of cartographic key-concepts. On the other hand, questions within the traditional scope of cartography have been picked up by young disciplines like Visual Analytics during the last years. The main reason for this assumed crisis is seen in increasing disparities between cartographic theory and the potentials of cartographic practise, which also has an effect on cartography's scientific self-conception as a mediator between its users and reality. In the course of this article, the above-mentioned disparities will be explored from different angles and finally structured in the form of a triadic semiotic model, which may offer a sustainable framework to answer some of the raised questions on explicit and implicit cartography.