摘要:Die unlängst konstatierte ‚Ökonomieblindheit’ der Kulturgeschichte oder der kulturgeschichtliche Nachholbedarf der Wirtschaftsgeschichte scheint einem verspäteten, aber dafür mit Nachdruck betriebenen Annäherungsprozess in einer Reihe von Forschungsfeldern zunehmend zu weichen. Der 2001 von der Schwabenakademie in Irsee ins Leben gerufene „Arbeitskreis für vorindustrielle Wirtschafts- und Sozialgeschichte“, in dessen Herausgeberreihe die angezeigte Veröffentlichung erschienen ist, stellt eines jener Foren dar, die sich erklärtermaßen um eine ‚kulturgeschichtliche Erweiterung’ der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wirtschaftsgeschichte bemühen. Erfreulicherweise, das sei schon einmal vorweggenommen, beschränkt sich der Forschungsradius dabei nicht auf den süddeutschen Raum, sondern bezieht auch Fallbeispiele aus der Aachener Region, aus Lübeck, Wien und Amsterdam mit ein. Wie schwer es indessen immer noch fällt, historisch-anthropologische und kulturwissenschaftliche Theorieansätze über ein partielles tête à tête hinaus für wirtschaftsgeschichtliche Untersuchungen zu konzeptualisieren, lässt sich leicht daran erkennen, dass im Vorwort erwähnte (und nicht weiter präzisierte) Begriffe wie „ökonomische Kultur“ oder „Kultur des Marktes“ weder im Titel des Bandes noch in den zehn Tagungsbeiträgen aufgegriffen werden. Wer dagegen nach Anregungen für eine Operationalisierung kultur-, begriffs-, oder geschlechtergeschichtlicher Fragestellungen im Rahmen einer Gewerbegeschichte sucht, die mit mikrohistorischen Methoden explizit eine Abkehr von „entindividualisierten, strukturfunktionalistischen“ Sozialtheorien (Christof Jeggle) und eine Hinwendung zur Untersuchung konkreter Beziehungsstrukturen und Handlungskontexte postuliert, der wird nicht enttäuscht werden.