摘要:Zugleich leisteten die Nürnberger Prozesse einen frühen, einflussreichen Versuch, zu einer historischen Analyse des NS-Staates zu gelangen. Aufbauend auf Untersuchungen deutscher Emigranten und alliierter Geheimdienste [2] fand in der Konzeption namentlich der sogenannten Nachfolgeprozesse, d.h. der zwölf unter amerikanischer Verantwortung geführten Verfahren gegen die Funktionseliten des ‚Dritten Reiches’, eine politik- und sozialwissenschaftlich informierte Interpretation Ausdruck, die historische Verantwortung nicht einer kleinen Clique ideologischer Überzeugungstäter, sondern breiten gesellschaftlichen Trägergruppen zuwies. [3] Dass die symbolische Aufladung der Verfahren auf erbitterten Widerstand eben jener Funktionseliten stieß, die um Ruf und Rolle im Nachkriegsdeutschland fürchteten, verwandelte die juristische Arena in einen Austragungsort widerstreitender historischer Bewertungen, die um die Interpretationshoheit über die jüngere deutsche Geschichte rangen. Im Interim zwischen dem Untergang des Reiches und der Gründung der beiden deutschen Staaten angesiedelt, fungierte ‚Nürnberg’ zudem als Forum multi- bzw. bilateraler Aushandelungsprozesse und Standortbestimmungen zwischen Siegern und Besiegten, Täter und Opfern sowie nicht zuletzt zwischen künftigen Partnern im Kalten Krieg. Um so mehr überrascht der Befund, dass die Nürnberger Prozesse bislang nur fragmentarisch als Forschungsgegenstand eigenen Rechts Beachtung gefunden und die vorhandenen Monographien sich vor allem auf das Verfahren gegen die verbliebene Regimespitze vor dem Internationalen Militärtribunal (IMT) kapriziert haben. Sind schon für das IMT Genese und Verlauf deutlich besser dokumentiert als analysiert, so fehlen für die überwiegende Zahl der Nachfolgeprozesse empirisch gesättigte Untersuchungen fast vollständig. [4]
关键词:Kim Christian Priemel, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg