„Bürgertum nach 1945“ – der programmatische Titel überrascht, ist der Forschungsgegenstand doch keineswegs so klar umrissen wie die Herausgeber andeuten. Die Sozialformation „Bürgertum“ ist bisher stärker für das 19. als für das 20. Jahrhundert erforscht worden. Doch trägt der Band dazu bei, den diffusen Begriffshorizont durch substantielle Beiträge aufzuklären. Erfreulicherweise verzichten die Autoren auf die Wiederholung der bekannten Niedergangsmetaphern zur Auflösung bürgerlicher Lebenswelten im 20. Jahrhundert. Die Herausgeber haben durch eine überlegte Strukturierung des Bandes mehrere methodische Zugangswege vorgegeben und somit die Flucht in eine unklare Semantik versperrt. In vier Abschnitten eröffnet der Band unterschiedliche Perspektiven, die eine systematische Betrachtung ermöglichen und die einseitige Präferenz eines bestimmten Konzeptes von „Bürgertum“ oder „Bürgerlichkeit“ von vornherein vermeiden.