An Sammelbänden zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte im 20. Jahrhundert herrscht kein Mangel. [ 1 ] Die große Zahl solcher Publikationen weist auf den erfreulichen Umstand hin, dass wissenschaftshistorische Themen in den vergangenen Jahren zunehmende Aufmerksamkeit erhalten haben. Angesichts inzwischen etablierter Konzepte und Einsichten wächst die Erwartung an Neuerscheinungen, Erkenntnisse zu präsentieren, die alternative Richtungen vorschlagen oder aber etablierte Annahmen hinterfragen. Unter diesem Erwartungsdruck steht auch der vorliegende Band, der aus einer Konferenz an der Universität Gießen hervorgegangen ist, die 2006 im Vorfeld zu deren 400-Jahr-Feier stattgefunden hat. Die Herausgeber Jürgen Reulecke und Volker Roelcke, zwei namhafte Wissenschaftshistoriker, benennen folgende Problemkomplexe als Leitfragen: „1. die Ausdifferenzierung wissenschaftlicher Disziplinen unter dem Einfluss sowohl von wissenschaftsimmanenten Dynamiken als auch von (wissenschafts-)politischen Entwicklungen in den unterschiedlichen politischen Kontexten des 20. Jahrhunderts; 2. die zunehmende Autorität wissenschaftlicher Deutungen/Expertise im Alltagsleben, im Sinne der Strukturierung von Wahrnehmungsweisen im öffentlichen ebenso wie im privaten Leben [...]; 3. die Institutionalisierung und Differenzierung des Wechselverhältnisses zwischen Wissenschaft und Politik in Form von Politikberatung, Forschungsförderung und Forschungssteuerung [...].“ (S. 7)