Das Verhältnis zwischen NS-Staat und Unternehmen genießt seit langem große Aufmerksamkeit, und die Charakterisierung des nationalsozialistischen Wirtschaftssystems war von Anfang an kein rein wissenschaftliches Problem. In der Auseinandersetzung zwischen Ost und West waren Antworten ebenso gefragt wie bei der Konstruktion von Manager-Lebensläufen. Betonte man Ende der 1960er-Jahre den Primat der Politik, dann hatte der nationalsozialistische Staat nicht nur die industriepolitische Richtung vorgegeben, sondern im Zweifel mit Zwang interveniert. Dass sich diese Interpretation mit der großen Opfererzählung deckte, die sich zu dieser Zeit in vielen westdeutschen Autobiographien und in noch mehr Unternehmensgeschichten fand, bestärkte die marxistische Opposition nur noch in ihrer These vom Primat der Industriemonopole. Sie sah im "Dritten Reich" nicht nur eine Inszenierung des Großkapitals, sondern verband dies auch mit der Überzeugung, dass in der Kontinuität des kapitalistischen Wirtschaftssystems der eigentliche Skandal liege. Entscheidungen einzelner Unternehmen wurden im Zuge dieser Kontroversen kaum untersucht und kamen erst im Zuge jenes mikroökonomisch fundierten Forschungsbooms in den Blick, den seit den späten 1980er-Jahren vor allem ethisch-moralische Fragen antrieben. In der Auseinandersetzung mit Zwangsarbeit, Raubgold und "Arisierungen" verschob sich der Fokus auf das einzelne Unternehmen – die zuvor noch dominante Systemfrage wurde nun immer seltener gestellt, während die Kenntnisse im empirischen Detail zunahmen.