Genozid ist ein Begriff, der hoch politisiert ist. In der internationalen Politik wird er zögerlich verwendet, da ein Genozid die Internationale Gemeinschaft aufgrund der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes zur Intervention verpflichtet. Politische Aktivisten hingegen gebrauchen ihn heute gerne, um die mediale Aufmerksamkeit auf Konflikte zu lenken und damit die Politik zum Handeln aufzufordern. „Nie wieder Auschwitz“ verpflichtet bis heute. Während vor allem Politiker und NGO-Vertreter die Verhinderung von Genoziden als die primäre Aufgabe der Genozidforschung ansehen, führen Wissenschaftler – aktuell um das International Network of Genocide Scholars (INoGS) – konzeptuelle und theoretische Debatten, um Instrumente zu finden, die eine empirische Genozid-Forschung sinnvoll anleiten können. Genozidforschung befindet sich daher in einem Spannungsfeld zwischen Forschung und Praxis, in dem auch der von Henning Melber herausgegebene Sammelband „Revisiting the heart of darkness – Explorations into genocide and other forms of mass violence“ verortet werden kann. Der Band vereint Beiträge, die auf zwei von der Dag-Hammarskjöld-Stiftung organisierten Konferenzen präsentiert wurden, auf der Konferenz „Mass Violence in Africa“ in Uppsala 2006 und der „Dialogue Conference on Genocide“ in Volksenåsen 2007. Entsprechend besteht die Publikation aus zwei Teilen. Während der erste Teil konzeptuellen Beiträgen über den Genozid-Begriff sowie einigen Fallstudien gewidmet ist, bildet der zweite (viel kürzere) Teil Diskussionen und Ergebnisse der zweiten Konferenz in Volksenåsen ab, die NGO-Vertreter und Politiker mit Wissenschaftlern konfrontierte.