Mit den Fotografien, die Julius Braatz 1889 im Reichstag machte, hat Andreas Biefang vor einigen Jahren eine Aufsehen erregende Quelle zur politischen Ikonographie des Parlamentarismus ediert. [ 1 ] Nun legt er gewissermaßen eine Monographie nach, die sich in erweiterter Perspektive generell mit der „symbolischen Macht“ (S. 13) des Reichstags befasst, worunter „jene Macht“ verstanden wird, „die aus der öffentlichen Darstellung institutionellen Handelns herrührt“ (S. 14). Biefang untersucht dabei, wie der Reichstag in den ersten beiden Jahrzehnten mit der Öffentlichkeit, mit den anderen Verfassungsorganen – insbesondere Kaiser und Kanzler – sowie intern kommunizierte. Dabei geht er zu Recht davon aus, dass mit der Reichsgründung aus verschiedenen Gründen – die teils in der Verfassungsstruktur, teils in der veränderten Öffentlichkeit lagen (S. 67) – von den politisch Handelnden ein stärkeres Eingehen auf die Öffentlichkeit verlangt wurde. Davon war nicht nur der Reichstag, sondern etwa auch die „Reichsleitung“ betroffen, das Parlament aber wegen seiner zunächst relativ schwachen Position im Verfassungsgefüge besonders.