Dass das Etikett „Jahrhundert des Wissens“ gerade auch für das 19. Jahrhundert heuristisch Sinn macht, verdeutlicht bereits die explosive Zunahme empirischen Wissens in den Naturwissenschaften. Sie erschütterten tradierte Muster der Weltaneignung, gespeichert im Gewohnheitswissen und gebunden an spezifische Formen der Weitergabe. Die dynamisch-prozessuale „Wissensrevolution“ veränderte Zeit und Gesellschaft nachhaltiger als je zuvor. Das ist bekannt. Der vorliegende Sammelband fragt hingegen nicht nach (technologischem) Eliten- und Gelehrtenwissen, sondern legt einen möglichst weiten Wissensbegriff zugrunde: den des primären Kultur- und Orientierungswissens. Im Mittelpunkt steht die Frage nach den jeweiligen gesellschaftlichen Formationen und der Bedeutung des Wissens in ihnen. Wie wurde Bildungs- und Kulturwissen durch die „Sozialisationsagenturen“ Familie, Schule und öffentliche Institution gedeutet, normiert und kommunikativ vermittelt? Nach der alltagspraktischen Regulierung der Wissenskultur des 19. Jahrhunderts fragen acht Referate.