Hermann Josef Abs zählt fraglos zu den herausragenden Bankiers in der deutschen Finanzwelt des 20. Jahrhunderts. Gäbe es im deutschen Bankwesen augenblicklich Bankdirektoren seines Kalibers, so hätten einige der Großbanken ihre aktuellen Probleme vielleicht vermieden. Hermann Josef Abs zählt aber auch zu den umstrittenen deutschen Bankiers des 20. Jahrhunderts. Nur wenige Finanzleute standen so in der Kritik und waren Gegenstand von Spekulationen. Eine detaillierte, auf einen breiten Quellenfundus gestützte Biografie zu Abs war daher überfällig, um offene und lange Zeit diskutierte Fragen zu beantworten. Lothar Gall, als Bismarck-Biograf mit den Lebenswegen wichtiger Entscheidungsträger vertraut, hat sich dieser Aufgabe gestellt. Im Ergebnis ist eine in ihrer Geschlossenheit beeindruckende und hervorragend erzählte Biografie des einflussreichsten und bedeutendsten Bankiers der deutschen Nachkriegsgeschichte entstanden. Gall ist es gelungen, ein facettenreiches Porträt des langjährigen Vorstandssprechers und Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank zu zeichnen, zudem die oft spröde Materie des Bankgeschäfts mit einer plastischen Darstellung des Wirkens von Abs in Wirtschaft und Politik während der nationalsozialistischen Diktatur und der jungen Bundesrepublik zu verbinden. Eines wird dabei deutlich. Der Lebens- und Berufsweg von Abs von 1901, dem Jahr seiner Geburt, bis zu seinem Tod 1994 spiegelt die Kontinuitätslinien der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert ebenso wider wie ihre Brüche. Die Lebensgeschichte des Hermann Josef Abs ist damit auch ein Stück deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert.