Aus zweierlei Gründen ist es von mehr als akademischem Interesse, die beiden vorliegenden Studien von Frank Nägler und Frank Pauli über Genese, Einführung und Aneignung des Organisations- und Führungsprinzips der Bundeswehr, die „Innere Führung“, zu lesen. Einer zeitdiagnostisch ausgerichteten Geschichtsbetrachtung zeigt sich die hier behandelte Spanne von der Mitte der 1950er-Jahre bis in die späten 1960er-Jahre gleichsam als Gegendatum einer aktuellen Problematik. Die historische Begründung der Inneren Führung, der sich Nägler zuwendet, ist auch heute von großem Interesse, weil diese Leitideen nun erstmals dem Härtetest eines langwierigen Einsatzes unterworfen sind. Dahinter verbirgt sich eine weitere Aktualität, an die Pauli rührt, wenn er in seiner Untersuchung die damalige Reaktion des kriegsgedienten Offizierkorps auf die neue Lehre analysiert. War man seinerzeit mit dem Problem konfrontiert, ob und wie sich die Ideen der Inneren Führung mit den Erfahrungen des Krieges verbinden ließen, so reift in den Streitkräften dieser Tage das Problem (wenn nicht der Konflikt) heran, wie sich die Einsatzerfahrungen mit den oft bürokratisch überformten, pädagogisierten und verrechtlichten Verhaltenslehren vereinbaren lassen – was dringend der Anpassung und Weiterentwicklung bedarf. [1]