Jubiläen machen Geschichtspolitik, indem sie einige Interpretationen unterstützen, andere verwerfen. Die öffentlichen Feiern des 20. Jahrestages von 1989/90 brachten nicht nur eine Kette von Geschichtsforen, Konferenzen, Ausstellungen und Festakten hervor, sondern führten auch zur Publikation von Dutzenden von Büchern, die von Bildbänden über Memoiren bis zu Monographien reichten. Durch die Beschreibung der dramatischen Ereignisse erinnerte diese historische Eventkultur an die Emotionen der Massenflucht und des demokratischen Aufbruchs – aber sie brachte erstaunlich wenig neue Analysen des Geschehenen hervor. Indem sie die Zweifel der Kritiker der Vereinigung durch den Applaus der Festlichkeiten übertönte, gelang es der Zusammenarbeit von CDU geführter Bundesregierung und ehemaliger DDR-Opposition die Version einer „friedlichen Revolution“ als nationale Deutung zu etablieren. Wie verhält sich ein führender Zeithistoriker zu dem Sog einer solchen Erinnerungspolitik?