Wie verwandelte sich der politische Stil im Kaiserreich unter den Bedingungen des von Hans Rosenberg so bezeichneten „politischen Massenmarktes“? Das war die Leitfrage der dritten wissenschaftlichen Tagung der Otto-von-Bismarck-Stiftung im Oktober 2001. Behandelt wurden drei Bereiche: Zunächst Voraussetzungen des Stilwandels (Dieter Langewiesche: Politikstile im Plural; Andreas Biefang: Reichstag als Symbol der politischen Nation, Bernd Sösemann, Presse), dann die Entwicklung vom Honoratioren- zum Berufspolitiker in den Parteien (Volker Stalmann: Konservative, Harald Biermann: Nationalliberale, Ulrich von Hehl: Zentrum, Thomas Welskopp: Sozialdemokratie), schließlich beispielhaft einzelne Reichstagswahlkämpfe (Bernd Braun: antisozialistischer Wahlkampf 1878, Elfi Bendikat: Funktion und Einsatz von Symbolisierungen im Wahlkampf 1887, Andrea Hopp: Antisemitismus im Wahlkampf 1881). Theoretischer Gewährsmann der meisten Autorinnen und Autoren ist Max Weber, vor allem seine späte Schrift „Politik als Beruf“. Der so entstandene Band hat etwas Handbuchartiges: die Gliederung ist sachlich und konzise, der theoretische und thematische Hintergrund ist stets präsent, wichtige Felder der Bismarckschen Zeit (nur Langewiesche, Stalmann und von Hehl thematisieren auch die Wilhelminischen Jahre) werden einbezogen. Freilich, nach der Einleitung von Gall, die die Beiträge nüchtern zusammenfasst, und dem eher überraschungsarmen Überblicksaufsatz von Langewiesche stellt sich die Frage nach der innovativen Kraft des Unternehmens – schließlich sind Rosenbergs und Webers Thesen keine wirklichen Novitäten. Doch in den einzelnen Aufsätzen stecken durchaus nicht nur abschließende Resümees, sondern auch Diskussionsanregungen und Aufbrüche.