Vier Jahre nach dem Sammelband über römische Erinnerungsorte [1] folgen zur Vervollständigung des bemerkenswerten Ensembles von Erinnerungsorten der Antike, die die Geschichtskultur der Gegenwart auf verschiedenen Zeitstufen der Vergangenheit beeinflusst haben, nun die griechischen Erinnerungsorte. Die Herausgeber sind identisch, und gut ein Drittel der Mitarbeiter des griechischen Bandes hat auch schon Beiträge zu den römischen Erinnerungsorten geliefert; Intention und Anlage beider Bände sind also vergleichbar. Grundsätzliche Überlegungen mit Konsequenzen für den Aufbau des Buches erfordert natürlich das die Auswahl erschwerende „Phänomen der strukturellen Heterogenität der griechischen ‚Kultur‘“ (S. 14). Aus diesem Grunde kommt es für den griechischen Kulturbereich besonders darauf an, Erinnerungsorte mit solchen Gemeinsamkeiten zu Wort kommen zu lassen, die im „kulturellen Gedächtnis“ der Gegenwart eine Rolle spielen oder zu spielen vermögen. Dabei werden ihre in verschiedenen Zeitebenen entfalteten Rezeptionspotentiale aufgefächert und ihre wirksamen Erinnerungsdimensionen dargelegt, die einen Erinnerungsort durchaus zu vielfacher, auch widersprüchlicher Rezeption geeignet erscheinen lassen können. Auf diese Weise vermag der Band, richtig gelesen, mit seinen eine vielschichtige Antike-Rezeption erhellenden Beiträgen bei einem interessierten Publikum beachtenswerten Einfluss auf ein lebendiges Bewusstsein von der Einwirkung antiker Ideen auf diverse Gegenwarten zu nehmen. Verschiedene Zeitschnitte eines „Erinnerungsortes“ generieren mit ihrem gewissermaßen instrumentalisierten Erinnerungspotential ihrerseits für eine neue Gegenwart und ihre Interessen eine aktualisierte Erinnerung, die den im Laufe der Zeit akkumulierten Deutungspotentialen neue (Be)Deutung(en) zuwachsen lässt. Insofern können diese Erinnerungsorte, zum Sprechen gebracht, mit den Vergangenheitsbildern, die sie evozieren, Zeugen eines lebendigen Dialogs mit der Antike sein.