In einem 2006 erschienen Aufsatz zur Historiografie Großpolens hat der an der Katholischen Universität Lublin wirkende Historikers Witold Matwiejczyk beklagt, dass „die Forschung über lange Jahrzehnte hinweg auf den Nationalitätenkonflikt beschränkt wurde, den man aus den Höhen der Staatspolitik betrachtete.“ [1] Wer diese Kritik als programmatische Ankündigung für das eigene Tun begriff, wird enttäuscht sein, wenn er Matwiejczyks hier zu besprechende Monografie liest. Schon der Titel „Die deutschen Katholiken in der Provinz Posen und die Nationalitätenpolitik der preußischen Regierung 1871-1914“ zeigt, dass auch er sich weitgehend mit der Germanisierungspolitik im preußischen Teilungsgebiet beschäftigt und die Forschung um schul- und kirchenpolitische Aspekte bereichert. Nach einem einleitenden Kapitel zur demografischen und konfessionellen Struktur Großpolens beschreibt Matwiejczyk die Situation der deutschen Katholiken in der Zeit des Kulturkampfs aus Sicht der preußischen Staatsregierung. Anschließend wendet er sich den staatlichen Versuchen zu, die katholische Kirche Großpolens in seinem Sinne zu beeinflussen. Schwerpunkte der Darstellung liegen dabei in der Besetzung des Bischofsstuhls, der Sprachenfrage im Religionsunterricht sowie der Ausbildung eines von den kirchlichen Pfarreistrukturen unabhängigen deutschkatholischen Vereinswesens.