Lange Zeit fristete der Sport in der Forschung zur jüdischen Geschichte ein Schattendasein. Dies dürfte zum einen daran gelegen haben, dass andere Themen relevanter erschienen, zum anderen an der weit verbreiteten Überzeugung, Juden seien weder sonderlich sportbegeistert, geschweige denn sportlich erfolgreich gewesen. [1] Dementsprechend stellt sich auch der israelische Historiker Ezra Mendelsohn im Vorwort zum Themenheft der „Studies in Contemporary Jewry“ die Frage: „Why Sports?“ (S. VII). Seine Antwort fällt hingegen eindeutig aus. Nicht nur sei Sport eminent bedeutsam für unser Verständnis moderner Gesellschaften, „[…] we find, as the articles in this volume demonstrate, that sports has occupied, and continues to occupy, an important place in the modern Jewish world“ (S. VIII). Die einzelnen Beiträge, welche an dieser Stelle nicht in Gänze vorgestellt werden können, spüren dieser bedeutsamen Rolle in der Geschichte Israels, Europas sowie der USA im 20. Jahrhundert nach. Sander Gilman beispielsweise erörtert die Rolle des Baseball in der literarischen Verhandlung jüdisch-amerikanischer Identität und als Vehikel einer gesellschaftlichen Integration der Einwanderer. Michael Alexander hingegen untersucht die Geschichte jüdischer Buchmacher in den USA und betrachtet sie vor dem Hintergrund eines strukturellen Wandels von der industriellen Produktion zur Dienstleitungsökonomie. In vergleichbarer Weise führt Edward Shapiro den quantitativen Rückgang jüdischer Spitzensportler in den USA bei einer gleichzeitig steigenden Anzahl unter den Vereins- und Verbandseignern auf den mehrheitlich geglückten sozialen Aufstieg zurück, den die jüdische Bevölkerung von der Arbeiterklasse in die Mittel- und Oberschicht im Verlauf des 20. Jahrhunderts durchlief.